Bildliche Erfassung von Papierdokumenten – was bei der Digitalisierung von Belegen zu beachten ist

Das Scannen bzw. die bildliche Erfassung von papierhaften Dokumenten ist in vielen Unternehmen längst gängige Praxis. Mittels leistungsstarker Dokumentenscanner werden Belege wie z. B. Eingangsrechnungen digitalisiert, so dass sie elektronisch weiterbearbeitet werden können. Im Rahmen der sogenannten „bildlichen Erfassung von Papierdokumenten“ dürfen originär papierhafte Belege nach erfolgreicher Qualitätssicherung vernichtet werden.

Durch die bildliche Erfassung ergeben sich für Unternehmen mehrere Vorteile. Zum einen wird die bislang genutzte Lagerfläche, die für die physische Aktenhaltung erforderlich ist, deutlich reduziert. Zum anderen kann in Sekundenschnelle nach elektronischen Dokumenten und Belegen gesucht werden. In der Praxis werden in diesem Zusammenhang häufig Dokumenten-Management-Systeme (DMS) eingesetzt. Diese bieten oftmals eine Reihe von Werkzeugen an, wodurch sich auch umfassende Prozesse und Workflows für die digitale Belegbearbeitung realisieren lassen. Der Zugriff auf digitale Belege ist damit jederzeit möglich, so dass sich Arbeitsabläufe auch parallelisieren lassen. Zudem können Belege nicht mehr verloren gehen, da diese fest im System hinterlegt sind.

Trotz dieser Vorteile scheuen sich derzeit noch einige Unternehmen davor, ihre Belege zu digitalisieren. Diese Vorsicht ist nicht unbegründet, denn häufig wird die Frage gestellt, ob digitale Belege gegenüber originär papierhaften Belegen hinsichtlich ihrer Beweiskraft gleichgestellt sind und ob papierhafte Dokumente nach dem Scannen überhaupt vernichtet werden dürfen. Unternehmen dürfen die bildliche Erfassung von Papierdokumenten mit dem Ziel des ersetzenden Scannens und der ggf. Vernichtung des papierhaften Originals dann anwenden, wenn zwei rechtlich entscheidende Voraussetzungen erfüllt sind.

Rechtliche Voraussetzungen für die bildliche Erfassung

Ersetzendes Scannen darf in Unternehmen nur dann angewendet werden, wenn die Aufbewahrung digitalisierter Belege in einem revisionssicheren Archiv erfolgt, so dass Belege unveränderbar gespeichert sind. Zudem braucht es eine individuelle Verfahrensdokumentation zur bildlichen Erfassung von Papierdokumenten.

Die Unveränderbarkeit digitaler Belege wird in Abschnitt 9 „Aufbewahrung“ der GoBD (Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff) wie folgt geregelt:

„Sind aufzeichnungs- und aufbewahrungspflichtige Daten, Datensätze, elektronische Dokumente und elektronische Unterlagen im Unternehmen entstanden oder dort eingegangen, sind sie auch in dieser Form aufzubewahren und dürfen vor Ablauf der Aufbewahrungsfrist nicht gelöscht werden. Sie dürfen daher nicht mehr ausschließlich in ausgedruckter Form aufbewahrt werden und müssen für die Dauer der Aufbewahrungsfrist unveränderbar erhalten bleiben (z. B. per E-Mail eingegangene Rechnung im PDF-Format oder bildlich erfasste Papierbelege).“

Die Notwendigkeit einer Verfahrensdokumentation in Bezug auf das Scannen von papierhaften Belegen ist in Abschnitt 9.3 „Bildliche Erfassung von Papierdokumenten“ der GoBD festgelegt:

„Papierdokumente werden durch die bildliche Erfassung in elektronische Dokumente umgewandelt. Das Verfahren muss dokumentiert werden.  Der Steuerpflichtige sollte daher eine Organisationsanweisung erstellen, die unter anderem regelt:

  • wer erfassen darf,
  • zu welchem Zeitpunkt erfasst wird oder erfasst werden soll (z. B. beim Posteingang, während oder nach Abschluss der Vorgangsbearbeitung),
  • welches Schriftgut erfasst wird,
  • ob eine bildliche oder inhaltliche Übereinstimmung mit dem Original erforderlich ist,
  • wie die Qualitätskontrolle auf Lesbarkeit und Vollständigkeit und
  • wie die Protokollierung von Fehlern zu erfolgen hat.“

Organisatorische, personelle und technische Anforderungen zum ersetzenden Scannen

  • Verantwortlichkeiten, Abläufe und Aufgaben im Scanprozess:

Es ist klar zu definieren, welche Mitarbeitende bestimmte Belege in einem geordneten Verfahren bildlich erfassen dürfen. Des Weiteren sind regelmäßig Qualifizierungs- und Sensibilisierungsmaßnahmen für die am Prozess beteiligten Mitarbeitenden durchzuführen.

  • Vorbereitung der Dokumente:

Zunächst ist zu prüfen, ob der vorliegende Beleg gemäß GoBD bildlich erfasst werden darf. Ist dies der Fall, ist das Dokument auf Beschädigungen oder Manipulationen zu prüfen. Für einen vollständigen Scan ist eine Prüfung der Durchgängigkeit der Seitennummerierung vorzunehmen. Abschließend muss auch die Gesamtzahl der einzuscannenden Seiten bestimmt werden. Bei diesem Vorgang ist zu beachten, dass bedruckte und relevante Rückseiten von Belegen mitgezählt werden.

  • Durchführung der bildlichen Erfassung:

Nach der Durchführung der bildlichen Erfassung ist im Rahmen der Qualitätssicherung sofort zu prüfen, inwieweit die Zahl der erfassten Seiten mit der im Rahmen der Vorbereitung ermittelten Anzahl der papierhaften Seiten übereinstimmt. Sofern die Seitenanzahl nicht übereinstimmt bzw. das Digitalisat schlecht lesbar ist, muss die bildliche Erfassung wiederholt werden. Laut der Neufassung der GoBD vom November 2019 ist auch eine bildliche Erfassung durch mobile Endgeräte (z. B. Smartphones) möglich.

  • Nachbearbeitung der erfassten Dokumente:

Nachträgliche Veränderungen an digitalisierten Belegen wie z. B. Zuschnitte oder Farbanpassungen sind prinzipiell unzulässig, es sei denn, die Maßnahme trägt zur Verbesserung der Lesbarkeit bei. Im Bedarfsfall sind jedoch nachträgliche Anpassungen gemäß GoBD sorgfältig durchzuführen und zu protokollieren. Im Anschluss ist eine Qualitätsprüfung des Belegs durchzuführen.

  • Gewährleistung der Integrität von digitalen Belegen:

Um sicherzustellen, dass nach der bildlichen Erfassung an Digitalisaten keine nachträglichen Änderungen unentdeckt vorgenommen werden können, müssen Maßnahmen ergriffen werden, mit deren Hilfe sich die Integrität digitaler Belege umsetzen lässt. In der Praxis werden häufig kryptografische Verfahren, z. B. Checksummen eingesetzt. In der Regel werden solche Funktionalitäten von Dokumenten-Management-Systemen übernommen. Daher werden erzeugten Digitalisate unmittelbar nach einer erfolgreichen bildlichen Erfassung in ein solches System transferiert.

Die GoBD haben einen Rahmen geschaffen, der es gerade auch kleinen und mittleren Unternehmen ermöglicht, rechtssicher ihre papierhaften Belege ersetzend zu digitalisieren. Somit können sie von den Vorteilen durch Kosteneinsparungen und Effizienzsteigerungen profitieren und sich zukunftsgerichtet gegenüber ihren Wettbewerbern positionieren.

Ihre Ansprechpartner*innen:

Nils Deichner (nils.deichner@ibi.de) und Elisabeth Rung (elisabeth.rung@ibi.de)